05.01.2017

Abfindung an den „weichenden“ Erbprätendenten – Berücksichtigung als ­Nachlassverbindlichkeit

In Erbfällen, in denen mehrere Testamente errichtet wurden, die jeweils verschiedene Personen als Erben vorsehen, kann es zu Streitigkeiten über die Wirksamkeit des zuletzt errichteten Testaments kommen.


Eine Abfindung, die ein weichender Erbprätendent (vermeintlicher Erbe) im Rahmen eines Prozessvergleichs von den zuvor eingesetzten Erben erhält, unterliegt nach der neueren Rechtsprechung (1) nicht der Erbschaftsteuer.

Es war bislang strittig, ob diese Zahlung dementsprechend bei den übrigen Erben überhaupt als Nachlass­verbindlichkeit abgezogen werden kann.

In einem aktuellen Urteil (2) entschied der Bundesfinanzhof, dass die Abfindung – die der Erbe zur Beendigung des Rechtsstreits und letztendlich zur Erlangung seiner Erbenstellung zahlt – eine Nachlassverbindlichkeit i. S. von § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG darstellt.

Im Streitfall hatte die Erblasserin in einem notariell errichteten Testament zunächst ein Ehepaar als Erben zu gleichen Teilen bestimmt. In einem nachfolgenden handschriftlich errichteten Testament setzte die Erb­lasserin ihren Finanzberater als Alleinerben ein. Dieser nahm in einem Vergleich seinen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zurück, damit die Eheleute die alleinige (Mit-)Erbenstellung erlangen konnten. Er erhielt dafür eine Abfindung von 160.000 Euro, die nicht der Erbschaftsteuer unterlag.

Ungeachtet dessen ist diese Summe bei den Ehepartnern je zur Hälfte als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen und von den ­erworbenen Vermögenswerten abzuziehen.

(1) Siehe BFH-Urteil vom 4. Mai 2011 II R 34/09 (BStBl 2011 II S. 725).
(2) Vom 15. Juni 2016 II R 24/15.