27.05.2016

Selbstanzeige nur bei rechtzeitiger Einreichung wirksam

Werden in Steuererklärungen relevante Angaben unterlassen bzw. unrichtig vorgenommen, kann dies als Steuerhinterziehung mit erheblichen Strafen – ggf. mit Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen bis zu 10 Jahren – geahndet werden. (1) Durch eine Selbstanzeige, d. h. durch Nachholung, Ergänzung oder Berichtigung der Angaben, kann ggf. eine Strafbefreiung erreicht werden. ...


Eine strafbefreiende Selbstanzeige kann allerdings nicht mehr wirksam gestellt werden, wenn im Zeitpunkt der Selbstanzeige die Finanzbehörde bereits Prüfungen angeordnet oder Strafverfahren eingeleitet hat. Eine wirksame Selbstanzeige ist auch bereits dann nicht mehr möglich, wenn die Steuerstraftat bei Abgabe der Anzeige „entdeckt“ war und der „Täter“ dies wusste bzw. mit der Entdeckung rechnen musste. (2) Die Frage ist, ob ein „Rechnenmüssen“ mit der Tatentdeckung schon dann vorliegt, wenn Presse und Medien immer wieder ausführlich über den Ankauf von sog. Steuer-CDs durch Finanzbehörden berichtet haben.

Hierzu hat jetzt ein Oberlandesgericht (3) entschieden. Im Streitfall wurde bekannt, dass eine Steuer-CD durch die Finanzbehörde angekauft wurde, auf der Daten einer bestimmten, vom Steuerpflichtigen beauftragten, namentlich genannten Bank enthalten waren. In diesem Fall hat das Gericht eine nach Beginn der Berichterstattung über die CD vom Steuerpflichtigen eingereichte Selbstanzeige für unwirksam erklärt, weil dieser aufgrund der ihm bekannten Umstände die Entdeckung für möglich oder wahrscheinlich halten musste, selbst wenn eine gewisse Unsicherheit verblieb.

Obwohl es grundsätzlich auf den konkreten Einzelfall ankommt, ist zu beachten, dass eine Tendenz besteht, den Begriff des „Rechnenmüssens“ weiter auszulegen – zum Nachteil des Steuerpflichtigen. Der Zeitpunkt für eine wirksame Selbstanzeige ist daher auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Intensität der Medienberichterstattung zu beurteilen.

(1) Siehe § 370 Abgabenordnung.
(2) Vgl. § 371 Abs. 2 Abgabenordnung.
(3) Schleswig-Holsteinisches OLG vom 30. Oktober 2015 2 Ss 63/15 (71/15).