04.08.2016

Kindergeld: Vorherige Berufstätigkeit voraussetzendes Studium als Zweitausbildung

Die steuerliche Berücksichtigung von volljährigen Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kommt insbesondere in Betracht bei Kindern, die sich in einer Berufsausbildung befinden. Nach Abschluss einer erstmaligen Ausbildung oder eines Erststudiums können die Vergünstigungen von Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag nur in Anspruch genommen werden, wenn das Kind daneben keiner Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden nachgeht. (1)


Der Bundesfinanzhof hat bereits in einigen Urteilen (2) über einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Rahmen mehraktiger Ausbildungen entschieden. Danach können die einzelnen Abschnitte Teil einer einheit­lichen Erstausbildung sein, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll. In einer aktuellen Entscheidung (3) hatte das Gericht zu beurteilen, ob ein berufsbegleitendes Studium, das eine vorangehende Berufsausbildung und Berufstätigkeit voraussetzt, noch als Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung angesehen werden kann.

Im Streitfall strebte die Tochter eine Tätigkeit im mittleren Management im Gesundheitswesen an. Sie schloss im Januar zunächst ihre Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen ab. Im Mai bewarb sie sich für ein berufsbegleitendes Studium; mit Beginn des Studiums im September reduzierte sie ihre Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden. Der Studiengang an der Verwaltungsakademie setzte eine entsprechende Berufs­ausbildung und eine einjährige Berufstätigkeit voraus. Der Bundesfinanzhof sah das Studium nicht mehr als Erstausbildung i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG an. Durch die Voraussetzung von einer in der Regel ­einjährigen Berufspraxis sei der Studiengang als Weiterbildungsstudiengang und somit Zweitausbildung anzusehen, sodass eine mehr als 20-stündige Erwerbstätigkeit zum Wegfall der Kindervergünstigungen führt.

(1) Siehe § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Satz 2 EStG.

(2) Siehe dazu Urteile vom 3. Juli 2014 III R 52/13 (BStBl 2015 II S. 152), vom 15. April 2015 V R 27/14 (BStBl 2016 II S. 163) und vom 3. September 2015 VI R 9/15 (BStBl 2016 II S. 166); vgl. auch Informationsbrief Februar 2016 Nr. 1.

(3)Urteil vom 4. Februar 2016 III R 14/15.