30.06.2016

Erbschaftsteuerbefreiung für das sog. Familienheim: Selbstnutzung und Eigentum als Voraussetzung

Erbt ein Ehegatte/Lebenspartner von seinem Partner eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie oder Anteile daran, so bleibt dieser Erwerb beim überlebenden Ehepartner regelmäßig erbschaftsteuerfrei. Voraussetzung ist insbesondere, dass der Erblasser die Wohnung bzw. das (Einfamilien-)Haus bis zum Erbfall selbst bewohnt hat und auch der Erbe eine Selbstnutzung vorgesehen hat.


Eine fehlende Selbstnutzung durch den verstorbenen Erblasser zu Lebzeiten ist nur dann unschädlich, wenn zwingende (z. B. gesundheitliche) Gründe vorlagen, die ihn an einer Selbstnutzung gehindert haben. Dies kann aufgrund eines längeren krankheitsbedingten Klinik- oder Sanatoriumsaufenthalts oder bei einer wegen Pflegebedürftigkeit erforderlichen Unterbringung in einem Altenheim der Fall sein. (1)

Das Finanzgericht München (2) hat entschieden, dass die strengen Voraussetzungen auch dann anzuwenden sind, wenn der Ehepartner vor Einzug in eine neue Familienwohnung schwer erkrankt und verstirbt.

Im Streitfall verzögerte sich der Umzug der Eheleute in eine neu angeschaffte Wohnung durch Umbaumaßnahmen. Obwohl der feste Entschluss der Eheleute, ihren Wohnsitz in die neue Wohnung zu verlegen, erkennbar war und der überlebende Ehepartner die Wohnung nach Fertigstellung auch bezog, verweigerte das Gericht die Steuerbefreiung. Diese komme nur in Frage, wenn vor dem Eintritt der Hinderungsgründe eine Selbstnutzung durch den Erblasser tatsächlich vorgelegen habe; die bloße Absicht, in die Wohnung einzuziehen, reiche nicht aus. In diesem Fall ist nach Auffassung des Gerichts auch die Erkrankung unerheblich.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Steuerbefreiung rückwirkend wegfällt, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, auch er ist daran durch zwingende Gründe gehindert. (3)

Das Hessische Finanzgericht (4) hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass bei gegebener Selbstnutzung in diesem Zeitraum auch die Beibehaltung des Eigentums an der Wohnung gewährleistet sein muss.

Im Streitfall übertrug der Erbe das von seiner Mutter geerbte Einfamilienhaus vier Jahre nach dem Erbfall wiederum auf seine Kinder, behielt sich aber ein Dauerwohnrecht an dem Haus vor. Obwohl die gesetzliche Formulierung die Beibehaltung des Eigentums nicht vorsieht, versagte das Gericht (rückwirkend) die Steuerbefreiung, weil hier eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des Gesetzes geboten sei. Nach dem Gesetzeszweck – so das Gericht – sei die Eigentümerstellung des Erben für die Steuerbefreiung notwendig.

(1) Vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG; siehe dazu auch RE 13.4 Abs. 2 ErbStR.
(2) Urteil vom 24. Februar 2016 4 K 2885/14 (EFG 2016 S. 731).
(3) Vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG.
(4) Urteil vom 15. Februar 2016 1 K 2275/15 (EFG 2016 S. 734).