05.09.2016

Vorsteuerabzug: Angabe der vollständigen Anschrift in der Rechnung – Vorlage für den Europäischen Gerichtshof

Eine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist der Besitz einer Rechnung, die den Vorgaben der §§ 14 und 14a UStG entspricht. An erster Stelle sind dort der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers genannt. (1)


Der Bundesfinanzhof (2) hat entschieden, dass das Merkmal „vollständige Anschrift“ des leistenden Unternehmers im Sinne von § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG nur die (zutreffende) Anschrift erfüllt, unter der der leistende Unternehmer seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet; die Angabe eines „Briefkastensitzes“ mit nur postalischer Erreichbarkeit genügt nicht.

Inzwischen sind Zweifel entstanden, ob die strengen Anforderungen an die Angabe der „vollständigen Anschrift“ eventuell gegen EU-Recht verstoßen. Der Bundesfinanzhof (3) hat deshalb dem Europäischen Gerichtshof u. a. die Frage vorgelegt, ob es für den Vorsteuerabzug insoweit ausreicht, wenn der leistende Unternehmer in seiner Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er postalisch zu erreichen ist, auch wenn er dort keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

Darüber hinaus soll der Europäische Gerichtshof auch klären, ob für den Fall, dass die formellen Rechnungsanforderungen nicht vollständig erfüllt sind, der Vorsteuerabzug trotzdem – ggf. aus Billigkeitsgründen – zu gewähren ist, wenn keine Steuerhinterziehung vorliegt oder der Leistungsempfänger die Einbeziehung in einen Betrug weder kannte noch kennen konnte.

(1) Vgl. § 14 Abs. 4 UStG.
(2) Z. B. Urteil vom 22. Juli 2015 V R 23/14 (BStBl 2015 II S. 914).
(3) Beschlüsse vom 6. April 2016 V R 25/15 und XI R 20/14.