25.08.2016

Disagio als sofort abzugsfähige Werbungskosten?

Insbesondere bei der Finanzierung von Immobilien kann durch die Vereinbarung einer Zinsvorauszahlung (Disagio) ein niedrigerer Nominalzinssatz erreicht werden. Das Disagio wird regelmäßig bei Auszahlung des Kreditbetrags vom Kreditinstitut einbehalten. Wird z. B. ein Mietobjekt hergestellt oder angeschafft, kann das Disagio im Zeitpunkt der Zahlung in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.


Voraussetzung hierfür ist, dass die Höhe des Disagios „marktüblich“ ist. Ein Disagio von bis zu höchstens 5 % der Darlehenssumme bei einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens 5 Jahren wird dabei von der Finanzverwaltung (1) regelmäßig als marktüblich angesehen. Wird ein höherer Disagiobetrag gezahlt, ist der übersteigende Teil nicht sofort als Werbungskosten zu berücksichtigen, sondern steuerlich auf den Zinsfestschreibungszeitraum bzw. auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen. (2)

Der Bundesfinanzhof (3) hat jetzt aber entschieden, dass auch bei Vereinbarung eines höheren Disagios von einer Marktüblichkeit für den gesamten Betrag ausgegangen werden kann, wenn der Darlehensvertrag mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen wurde. Im Streitfall betrug das Disagio 10 % der Darlehenssumme bei einem deutlich unter dem Marktzins liegenden Darlehenszinssatz.

Nach Auffassung des Gerichts sei die 5 %-Grenze der Verwaltung lediglich eine typisierende Regelung; wenn die Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank abgeschlossen wurde, sei die Marktüblichkeit grundsätzlich zu vermuten, sodass der gesamte Disagiobetrag sofort im Jahr der Zahlung als Werbungskosten geltend gemacht werden kann.


(1) Siehe dazu im Einzelnen BMF-Schreiben vom 20. Oktober 2003 – IV C 3 – S 2253a – 48/03 (BStBl 2003 I S. 546), Rz. 15.

(2) Vgl. hierzu § 11 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG.

(3) Urteil vom 8. März 2016 IX R 38/14.